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Interview mit dem Opfer eines rassistischen Überfalls in Ladenburg

[1]Wir dokumentieren hier ein Interview, dass der Verein Kamerunischer Studierender Mannheim e.V. (VKSM) mit dem Betroffenen eines rassistischen Überfalls gemacht hat:

Am 16.09.04 im Ladenburg wurde der Africaner Rigobert Pousseu von Unbekannte auf das Gleis geschubst. Wie durch ein Wunder erlittet er an mehrere Verletzungen aber überlebte.

Der VKSM (Verein Kamerunischer Studierender Mannheim) hat ihm in der Mannheimer Uniklinikum (wo er immer noch liegt ) am 07.10.2004 besucht.

Hier ist ein Interview der uns gegeben hat.

 

VKSM :

Hallo Dagobert, wie fühlst du dich heute?

 

Dag :

Im Vergleich zu den ersten Tagen, fühle ich mich heute deutlich besser, aber die Operationen den ich mich unterziehen musste, sind sehr schmerzhaft.

 

VKSM:

Darüber reden wir noch später Bruder. Zu aller erste wollen wir dir über die Empörung aller unserer Landsleute mitteilen, die über diese unbegreiflichen und barbarischen Akt – dessen Opfer jeder von uns sein könnten – sehr entsetzt erschüttert sind.

Um den Verleumdungen und Lastermäule ein Ende zu machen und damit wir noch mehr Leute und der Öffentlichkeit informieren können, ist es notwendig, dass wir dir das Wort geben damit du uns selbst beschreibst, was an diesem Tag tatsächlich passiert war.

 

Dag:

Ich … Ich ( Er bricht in Schluchzen aus… Träne )

 

VKSM :

Dagobert, wir wissen wie schmerzhaft es ist, über noch vor kurzem ereignete Barbarei zu reden. Du muss aber stark und tapfer bleiben. Mit der Zeit werden deine physischen Wunden und seelischen Schmerzen heilen.

( Pause, trübselige Atmosphäre )

 

Dag:

(Nach eine lange Schwieg) Ich werde versuchen Ihnen die Ereignisse zu beschreiben.

 

Es war am Ladenburg – Bahnhof am 16.09.04. Ich habe gerade den Zug von 14 Uhr 15 verpasst. Ich beschloss auf den Zug von 14 Uhr 58 zu warten. Um die Zeit totzuschlagen, habe ich den Entschluss gefasst, meine Zeitung zu lesen. Als ich in Begriff war, die Zeitung aus meiner Tasche zu holen, hörte ich ein paar Schritte hinter mir. Ich schenkte keine Aufmerksamkeit (am Helligen Tag, warum sollte ich etwas befürchten) Ohne dass ich mich drehte, habe ich flüchtig festgestellt, dass es sich um zwei junge Leute um die Zwangzig handelte, und ich las weiter.

Plötzlich wurde ich mit einer harten, heftigen und kriminellen Geste auf die Gleis geschubst. Gerade in diesem Augenblick fuhr ein Güterzug über das Gleis durch.

Ich habe kaum einem betäubenden Geräusch gehört, der sich mit den vom Zug verursachte Geräusch verschmolz.

Erst nachdem der Zug vorbei war, könnte ich begreifen, was für ein Drama ich gerade erlebt hatte.

Eine rascher Überblick um mich informierte mich über einige Einzelheiten meiner Lage:

 

– ich konnte mich nicht mehr bewegen

– meine linke Hand war total ramponiert,

– ich konnte meinen linke Fuss nicht mehr fühlen, der weggerissen war und einige Meter von mir lag

– ich sah nur blut, um mich herum war nur Blut, und ich verlor weiter hin Blut.

– Immerhin war ich noch lebendig

 

Da der Zug mich am Leben gelassen hat, in dem er mich an.den Bahnsteig zurückwarf, fasste ich den Entschluss, um Hilfe zu rufen.

Der Bahnhof ist fast menschenleer, aber ich erblicke am Bahnsteig gegenüber einen Mann und rief „ Hilfe ! „ Der Mann tat als ob er mich nicht gehört hätte, und stieg in den Zug der gerade anhielt.

Obwohl ich noch am Leben war, habe ich gedacht , dass alles vorbei war, und dass ich sterben werde.

Mit Mühe und Not habe ich mich aber angestrengt, um noch mal um Hilfe zu rufen : Hilfe..! Hilfe ..! Hilfe

Wie aus dem Nichts sind kleine Mädchen von ungefähr 12 Jahren auf mich zugekommen.

Von Panik ergriffen versuchen Sie eifrig mir zur Hilfe zu kommen.

Langsam wurde ich immer schwächer.

Plötzlich beugte sich ein junger Mann von circa 20 Jahre über mich, fasste meine Hand und sage auf Englisch : „Nur Mut, das ist jetzt bald vorüber“

(er bricht wieder in Schluchzen aus. Dann ist alles ruhig )

Er gab mir zum trinken, damit ich nicht alle meine Kräfte verlor.

Nach minutenlangen Warten kam endlich die Polizei, die meine Identifizierung feststellte : Namen, Adresse. Sie gaben mir noch etwas zu trinken.

Als die Notarzte ankamen, konnte ich mich nicht von etwas erinnert. Dann war ich in Ohnmacht gefallen.

Erst am nächsten Tag bin ich im Mannheimer Uniklinikum, wo ich immer noch in intensiver Behandlung bin, wieder zu mir gekommen.

 

VKSM :

Weißt du wie weit die Polizei mit der Ermittlung ist ?

 

Dag :

 

Als ich zu mir gekommen war, obwohl ich noch sehr schwach war, hatte ich die Frage der Polizei beantwortet. Und ich habe der Polizei fast alles, was ich euch gerade gesagt habe erzählt.

 

VKSM:

Könntest du deine Angreifer erkennen?

 

Dag :

Wie schon gesagt, ich habe sie nur von der Seite gesehen und sie waren hinter mir.

Selbst wenn sie heute vor mir stehen würden, könnte ich sie nicht erkennen.

Aber der Mann, der am Bahnsteig gegenüber gestanden hatte und der fast geflohen war, hat wahrscheinlich die ganze Szene beobachtet. Er könnte die notwendige Personenbeschreibung geben, die zur Verhaftung dieser rassistischen und kriminellen Angreifer führen könnte.

 

VKSM:

 

Einige Lastermäule oder besser gesagt Spaßvögel behaupten, dass du Selbstmord begehen wolltest. Was antwortest du darauf ?

 

Dag :

Diese üble Scherze sind wirklich gemein. Ich weißt dass das Leben nicht immer leicht ist, aber ich kann mich nicht mehr als andere beschwerden. Ich habe alles was ich brauche.

Deswegen fällt es mir schwer, diese Absurdität zu verstehen.

Was mit mir passiert ist, könnte mit jedem von uns (Ausländer ) passieren.

 

VKSM :

Was kannst du zum Schluss hinzufügen. ?

 

Dag :

 

Ich hörte immer die Leute von Rechtsextremisten reden, wenn sie jemanden angreifen. Ich könnte mir nicht vorstellen wie schlimm das sein könnten.

Ich kann immer noch nicht begreifen, dass jemand so einen barbarischen, kriminellen und rassistischen Akt mir gegenüber üben kann, nur weil ich schwarz bin.

(er bricht wieder in Schluchzen aus )

 

VKSM :

Nur Mut ! Wir lassen dich nicht in Stich, wir sind alle mit dir und teilen deine Schmerzen

(Ruhe )

 

VKSM:

 

Du hast uns zu Beginn dieses Interview mitgeteilt dass du dich vielen Operationen unterziehen lassen müsste. Wie sieht es aus.

 

Dag :

Ich habe mich bis jetzt schon vier Operationen unterzogen lassen. Und andere folgen noch. Nach jeder Operation leide ich sehr an großen Schmerzen Trotz der Beruhigungs- und Schmerzenmittel sind die Schmerzen schwer zu ertragen.

 

VKSM :

Du musst stark bleiben Dag. Gott hat entschieden, dass du noch am Leben bleibst und er wird dir genug Kraft geben um diese neue Situation zu Überwinden. Außerdem, kannst du auf unsere Unterstutzung zählen, denn wir werden dich in dieser schwierigen Phase nicht im Stich lassen

Wir wüschen dir gute Besserung.

 

Dag :

Danke

 

Von Justin TANTI (VKSM ) am 07.10.2004 erfasst .