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ANTWORTKOMMENTAR: Antifaschistischen Konsens klar definiereren, Unerträgliche Hetze gegen Geflüchtete muss kritisiert werden – auch wenn sie aus den eigenen Reihen kommt

lechleiter-gedenken-2016_20 [1]Hallo Roland,

in deinem Kommentar im Kommunalinfo „Antifaschistischer Konsens wird in Frage gestellt Unerträgliche Hetze gegen Politiker der LINKEN und andere [2]“ wirfst du SprecherInnen des AK Antifa und der Interventionistischen Linken (IL) vor, „Politiker der LINKEN“ zu „denunzieren“ und zu „diffamieren“. Dies soll im Rahmen der Redebeiträge beim Lechleitergedenken (AK Antifa) und bei der Demo gegen eine AfD-Veranstaltung (IL) geschehen sein. Wir möchten hierzu Stellung beziehen und unsere Rede verteidigen.
Deine Kritik an unserem Redebeitrag äußerst du nur pauschal, ohne eine bestimmte Formulierung zu nennen, daher können wir nicht differenziert darauf antworten. Die IL kritisierst du anhand einer Formulierung, da „Meuthen, Seehofer, Nahles aber auch Wagenknecht“ in einer Reihe genannt werden. Eine solche Formulierung haben wir bewusst nicht gewählt, da es sich bei den Aussagen von Politiker*innen der Linken und der AfD um qualitative Unterschiede handelt, wenn von „Obergrenze“ oder „Gastrecht“ gesprochen wird. Wir haben Gabriel und Wagenknecht in einer Reihe genannt, was bei dieser Thematik durchaus angemessen ist. Aber das ist nicht der springende Punkt. Beide von dir genannten Reden haben hervorgehoben, dass auch von linken Politiker*innen Äußerungen getätigt werden, die das Grundrecht auf Asyl in Frage stellen. Die Kritik daran ist wichtig und richtig und vor allem notwendig in diesen Zeiten, wenn es um die Frage geht, was eigentlich einen antifaschistischen Grundkonsens ausmacht.
Sarah Wagenknecht hat sich als eine der prominentesten Politiker*innen der Linken mit Aussagen hervor getan, die in dieser Frage höchst problematisch sind. Als Reaktion auf die Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht kommentiert sie: „Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt“ und legitimiert damit eine Unterscheidung im Umgang mit deutschen Sexualstraftätern und Sexualstraftätern, die als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind. Das ist die Legitimation für Abschiebungen und für Ungleichbehandlung. Wenn ein Geflüchteter wegen einer Straftat verurteilt wird, gibt es für ihn nicht nur die übliche Geld- oder Haftstrafe, sondern die Abschiebung obendrauf, was Armut, Verfolgung und in den härtesten Fällen Folter und Tod bedeuten kann. Eine Formulierung aus einer anderen politischen Ecke, die letztlich aufs gleiche hinaus läuft, lautet „Kriminelle Ausländer raus“.

Als Linke sollten wir darauf bestehen, dass Sexist*innen, egal ob mit deutschem Pass oder aus anderen Ländern genauso scheiße und daher gleich zu behandeln sind. Das Gerede vom Gastrecht stellt sogar das Recht auf Asyl grundsätzlich in Frage. Wer als Geflüchtete*r Asyl bekommt ist kein Gast, kein*e Urlauber*in oder Tourist*in, sondern hier, weil die Umstände in seinem Herkunftsland unerträglich sind. Ihm wird nicht aus einer guten Laune heraus ein Gastrecht zugesprochen. Die Menschenrechte sprechen ihm ein Asylrecht zu, auch gegen den Willen schlechter Gastgeber, wie wir sie leider in großen Teilen Europas finden.

Auch Wagenknechts Kommentare zum Thema Obergrenze und Kontingente für Flüchtende gehen in die gleiche Richtung. Sie stellen das Grundrecht auf Asyl in Frage und laufen auf eine nach deutschen bzw. europäischen Interessen gesteuerte Einwanderungspolitik hinaus. Das geht in die gleiche Richtung, in die z.B. auch die CSU oder die AfD wollen, natürlich in unterschiedlichen Auswüchsen.
Was hat das alles mit dem Lechleitergedenken zu tun? Die Diskussion um den Umgang mit Geflüchteten ist für uns Antifaschist*innen aus mehreren Gründen wichtig. Einerseits ist es das bedeutendste Thema der Neuen Rechten, Ursache für die Wahlerfolge der AfD und einen drohenden Rechtsruck der Gesellschaft. Als Antifaschist*innen müssen wir uns eindeutig dagegen positionieren und eine klare Grenze zu den Forderungen der Rassist*innen ziehen. Die rote Linie darf nicht überschritten werden. Das Grundrecht auf Asyl ist für Linke unantastbar.
Des Weiteren haben wir historische Erfahrungen, die aufzeigen, welche Probleme „Obergrenzen“ oder „Kontingente“ mit sich bringen. Die Verfolgung aus politischen oder rassistischen Gründen durch Nazi-Deutschland ist mit heutigen Fluchtursachen nur bedingt vergleichbar. Es verdeutlicht uns aber, welch dramatische individuelle Folgen es hat, wenn man fliehen muss und die Grenzen sind dicht. Aus Deutschland und den eroberten Gebieten mussten Millionen Menschen fliehen. Andere Länder gingen sehr unterschiedlich mit der Aufnahme der Geflüchteten um. Mit diesen historischen Erfahrungen und der daraus resultierenden Verantwortung sollten wir uns gegen jede Form der Abschaffung oder Einschränkung des Asylrechts wehren – auch wenn es von Politiker*innen der Linken vorgetragen wird.
Das würden wir als antifaschistischen und antirassistischen Konsens verstehen.

Der Redebeitrag des AK Antifa zum Lechleitergedenken 2016 kann hier nachgelesen werden: http://www.akantifa-mannheim.de/redebeitrag-zum-gedenken-an-die-lechleiter-gruppe-2016/ [3], der Kommentar dazu von Roland hier: http://kommunalinfo-mannheim.com/2016/10/14/kommentar-antifaschistischer-konsens-wird-in-frage-gestellt-unertraegliche-hetze-gegen-politiker-der-linken-und-andere/ [2]