Redebeitrag vor dem Rathaus, gehalten auf der Demo „Kein Frieden mit Deutschland“ am 3. Oktober 2007

11Wir kommen hier am Quadrat E5 vorbei. Dort befindet sich das Mannheimer Rathaus. Bereits an Silvester sind wir mit einer Demo hier vorbeigezogen. Damals ging es vor allem um Stadtumstrukturierung und die Rolle der PolitikerInnen im kapitalisitschen Prozess. Wir haben deutlich gemacht, dass Herrschaft im Kapitalismus zuerst einmal die Herrschaft von Strukturen bedeutet. Es gibt keine Herrschaftsclique, die im Hintergrund die Fäden zieht.Gleichzeitig wäre es falsch zu glauben, der Kapitalismus würde ohne Staat, PolitikerInnen und LobbyistInnen funktionieren. Strukturen brauchen immer auch Personen und die tragen selbstverständlich Verantwortung für das, was sie tun.Die Themen, die uns heute dazu bewegen, auf die Strasse zu gehen, sind neben dem ausbeuterischen kapitalisitschen Wirtschaftssystem, insbesondere der deutsche Nationalismus, der ohne Rassismus nicht funktionieren kann.In Mannheim konnten wir vor 15 Jahren beobachten, wie sich die „Wiedervereinigung“ und die Neuformierung der deutschen Nation gesellschaftlich ausgewirkt haben. Ein Mob von mehreren Hundert RassistInnen belagerte tagelang eine Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Schönau.Wenn wir heute vor dem Rauthaus stehen, möchten wir auch die Verantwortung der Politik für solche pogromartigen Ausschreitungen benennen. Der damalige Oberbürgermeister Widder zeigte großes Verständnis für die rassistischen RandaliererInnen von Schönau. Er trat in Dialog mit dem Mob und machte Zugeständnisse. Die Auslöser der Probleme im Stadtteil seien die Flüchtlinge selbst. Die Zuspitzung der Situation hätten vor allem die auswärtigen AntifaschistInnen zu verantworten. Eine Solidarisierung mit den Opfern von Seiten der Politik blieb aus. Letztlich setzte sich Widder dafür ein, dass mehr Familien und weniger junge Männer in der Flüchtlingsunterkunft untergebracht werden. Damit gab er den RassistInnen nach. Auch heute sind derartige Umgangsweisen Normalzustand in der deutschen Politik. Vor kurzem machte der Bürgermeister Deuse aus dem sächsischen Mügeln dies wieder allzu deutlich: Eine rassistische Hetzjagd wurde verharmlost, den Opfern wurde versucht, selbst die Schuld zu geben.Der Anfang der 90er Jahre hat gezeigt, dass offener Rassismus in Deutschland nach wie vor hoch im Kurs steht. Die zahlreichen Pogrome und der populisitsche Rassismus in der Politik und am Stammtisch haben politischen Erfolg gezeigt. Die faktische Abschaffung des Asylrechts 1993, welches in Deutschland ja eigentlich historisch begründet war, stellte die deutlichste Form rechter Politikerfolge dar.Ist der deutsche Rassismus ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, so tragen PolitikerInnen und die gesellschaftlichen Eliten zu seiner Aufrechterhaltung maßgeblich bei.In diesem Sinne: Kein Frieden mit Deutschland! Rassismus bekämpfen! Für die soziale Revolution!

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