1. antirassistisches Straßenfest ein voller Erfolg: Mehrere hundert Besucher_innen durchbrechen die rassistische Isolation der Flüchtlinge in Mannheim

Am Samstag, den 3. März fand vor dem Flüchtlingslager in der Pyramidenstraße das 1. antirassistische Straßenfest in Mannheim statt. Auf Initiative des AK gegen Rechts im Stadtjugendring hatte sich ein breites Bündnis von Organisationen zusammengefunden, um für einen Tag die rassistische Ausgrenzung der Flüchtlinge zu durchbrechen und symbolisch für Bewegungsfreiheit und eine Welt ohne Grenzen einzutreten.

Neben dem AK gegen Rechts waren zahlreiche Bewohner_innen der Flüchtlingsunterkunft, der AK Antifa, das Bündnis gegen Abschiebungen, die Initiative Freie Flüchtlingsstadt – KulturQuerQuerKultur Rhein Neckar e. V., das Kritische Kollektiv (IL), die Save-me-Kampagne, das Spielmobil, SJD – Die Falken und viele weitere Unterstützer_innen an der Organisation beteiligt.

Genauso vielfältig wie das Vorbereitungsbündnis war auch das Programm: Infostände, ein Umsonstflohmarkt, Hüpfburg, Live-Acts, Redebeiträge, Büchertische, Buffett und Kinderzirkus verbanden einen entschlossenen und solidarischen politischen Ausdruck mit guter Unterhaltung der Besucher_innen. Die gemeinsame Vorbereitung mit den Bewohner_innen der Unterkunft machte es möglich, bloße Stellvertreter_innenpolitik zu durchbrechen und eine Zusammenarbeit anzustoßen, die hoffentlich auch in Zukunft Bestand hat.

Besonders erfreulich war der große Zuspruch, den das Straßenfest in der Mannheimer Bevölkerung, weit über die Kreise linker Aktivist_innen und Unterstützer_innen hinaus, erfuhr. Insgesamt waren mehere hundert Besucher_innen dem Aufruf zum Straßenfest gefolgt. Bereits am Morgen hatten einige der Organisator_innen Flugblätter und Aufrufe in der Mannheimer Innenstadt verteilt und so noch Kurzentschlossene überzeugen können.

Der AK Antifa hatte mit einem eigenen Aufruf zum Straßenfest mobilisiert und darin die gesellschaftlichen Grundlagen der rassistischen Ausgrenzung thematisiert. Die gewaltsame Isolation von Flüchtlingen in Lagern, Heimen und Knästen ist zentraler Bestandteil einer staatlichen Politik, die Menschen nach ihrer Nützlichkeit für das kapitalistische Verwertungsregime sortiert und dient der Abschreckung anderer unerwünschter potenzieller Migrant_innen. Die Unterkunft in der Pyramidenstraße ist nur ein Ausdruck dieser Politik. In Mannheim existiert darüber hinaus der einzige Abschiebeknast Baden-Württembergs auf dem Gelände der JVA. Dabei handelt der Staat aber keineswegs nur kühl kalkulierend. Vielmehr drückt sich in dieser Politik auch ein gesellschaftliches Klima aus, in dem Menschen, die nicht als zu Nation und Volk zugehörig betrachtet werden, permanent mit Gewalt, von rassistischen Sprüchen bis zum tödlichen Übergriff, rechnen müssen. Das Straßenfest kann nur ein erster kleiner Schritt sein, diesen Zuständen unsere Solidarität entgegenzusetzen. Dennoch macht die gute Zusammenarbeit vieler Gruppen und Personen Hoffnung für die Zukunft.

Unter den Besucher_innen waren auch viele politische Entscheidungsträger_innen, so etwa Gemeinderatsmitglieder von SPD, Grüne und Die Linke, erstaunlicherweise aber auch eine Abgeordnete der CDU. Darüber hinaus besuchten auch ein Landtags- (Grüne) und ein Bundestagsabgeordneter (SPD) das Fest. Die grün-rote Landesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt hat, die Lebenssituation von Flüchtlingen und Asylbewerber_innen zu verbessern, hat ihren Worten bisher keine Taten folgen lassen. Die Residenzpflicht für Flüchtlinge besteht nach wie vor, im Abschiebeknast sitzen immer noch Gefangene, und auch das Gutscheinsystem wurde bisher nicht außer Kraft gesetzt. Ob der Besuch der Parteifunktionär_innen auf dem Straßenfest den Auftakt zu den angekündigten Reformen darstellt, wird abzuwarten sein. In jedem Fall muss die Landesregierung an ihren Versprechen gemessen und weiterhin durch vielfältige Aktionen unter Druck gesetzt werden. Letztlich ist uns aber klar, dass nur eine Überwindung von Staat, Nation und Kapital der menschenverachtenden Ausgrenzung ein Ende setzen kann.

Aus unserer Sicht hat das Vorbereitungsbündnis aber bereits einen sinnvollen ersten Schritt gemacht: Ursprünglich sollte das Fest im Innenhof der Flüchtlingsunterkunft stattfinden. Nachdem die Diakonie, die das Lager in der Pyramidenstraße und den dazugehörigen „PointStore“ betreibt (in dem Flüchtlinge nach einem Punktesystem einkaufen müssen), versucht hatte, den Organisator_innen jeglichen politischen Ausdruck zu untersagen, entschieden diese sich dafür, das Fest auf die Straße vor dem Lager zu verlegen. Damit konnten sie gewährleisten, dass die politische Perspektive nicht verloren ging.

Die Diakonie dagegen machte einmal mehr deutlich, dass sie selbst Teil des Problems ist. Nicht nur macht sie sich zur Verwalterin der rassistischen staatlichen Isolationspolitik, sie versucht auch, politischem Protest gegen diese Zustände den Wind aus den Segeln zu nehmen. Damit ist die Diakonie am heutigen Tag eindeutig gescheitert.

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