Aufruf zur landesweiten Freiraum-Demo in Stuttgart

Linke Zentren schaffen
Für eine starke antifaschistische Bewegung

Aufruf des Ak Antifa Mannheim zur landesweiten Freiraumdemo am 20. Mai 2006 in Stuttgart

Am 20. Mai findet in Stuttgart eine landesweite Demonstration für den Erhalt und Ausbau selbstverwalteter Zentren statt. Anlass ist die Entwicklung der Situation linker Zentren (besonders in Süddeutschland), die jüngst mit den Räumungen des OBW9 in Stuttgart und der Ex-Steffi in Karlsruhe einen dramatischen Höhepunkt fand. Diese Zuspitzung der Situation ist Teil einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, die in Form von staatlicher Repression und Räumungen direkt die linke Szene trifft. Ein solidarisches Miteinander und eine offensive Antwort auf staatliche Repression sind gefordert, wenn es darum geht, die alten Zentren zu verteidigen und neue zu schaffen.

Die Situation in Süddeutschland

Die Räumung der Ex-Steffi war bisher nur ein Höhepunkt der schwierigen Situation linker Zentren in Süddeutschland. Erinnert sei an ähnliche Schicksale des OBW9 in Stuttgart oder der Alten Feuerwache in Saarbrücken im letzen Jahr und den Räumungen der Neubesetzungen Linkes Ufer in Mannheim (2003) und Casa Loca in Heidelberg (2004). Auch die Vertreibung der Wagenburg Schattenparker in Freiburg, sowie zahllose Provokationen, Eskalationen, Drohungen und Räumungen in der Vergangenheit sind Teil der staatlichen „Null-Toleranz“ Politik gegen die linke Bewegung. Aktuell haben viele noch bestehende Zentren in Süddeutschland keinen sicheren Stand und müssen fast täglich neue Konzepte erarbeiten und um ihre Existenz bangen. Wir beobachten dies nicht nur in Süddeutschland. Auch bundesweit und international lassen sich ähnliche Entwicklungen verzeichnen. Sind die fetten Jahre vorbei?

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und unsere Antwort darauf

Mit der Räumung der Ex-Steffi am 6. April 2006 gab es eine Zäsur in der jüngeren Geschichte linker Zentren in Süddeutschland. Es wurde deutlich, was sich schon seit geraumer Zeit abzuzeichnen schien: Die Räumung war politisch gewollt, es gab keine wirklichen Ausreden mehr (Es gibt kein realistischen Nutzungskonzept des Geländes seitens der Stadt) und die Räumung wurde in aller Öffentlichkeit und mit aller Brutalität durchgezogen. Die Stadt ist sich darüber im Klaren, dass sie diese Politik machen kann, ohne dabei selbst übermäßig in die Kritik zu geraten. Weder ein breiter öffentlicher Aufschrei noch direkte Konfrontation mit der radikalen Linken waren zu befürchten, zumindest nicht in einem Maße, in dem es für die Stadt gefährlich oder teuer hätte werden können.
Für uns stellt sich dabei die Frage, wo die Ursachen liegen und wie wir eine Situation des öffentlichen Drucks schaffen können, in der die Stadt mit anderen Rahmenbedingungen konfrontiert ist.
Einerseits müssen wir eine gesellschaftliche Entwicklung beobachten, die beeinflusst durch den globalen Neoliberalismus und dem damit verbundenen regionalen und nationalen Wettbewerb, Konkurrenz und Vereinzelung der Individuen, stark in Richtung eines sich verschärfenden autoritären und ausgrenzenden Staates drängt. Die Instrumente der Ausgrenzung, seien es Rassismus, Sexismus, Sozialkahlschlag, Überwachung oder eben auch die Repression gegen die linke Bewegung, werden von großen Teilen der Politik getragen und von der deutschen Bevölkerung toleriert, wenn nicht sogar befürwortet. Nach genau diesem Muster funktioniert Ausgrenzung und – bezogen auf den aktuellen Anlass – die Abgrenzung der linken Szene vom Rest der Gesellschaft.
Unsere Antwort darauf muss demnach ein offensiver Angriff auf die staatlichen Mechanismen der Repression genauso sein, wie eine Stärkung der öffentlichen Wahrnehmung durch Medien, Aktionen und Bündnisse, die der linken Bewegung den Rücken stärken. Eine Aktion ist immer nur so gut, wie sie beim Adressaten ankommt. Die linke Bewegung muss daher ihre Handlungsunfähigkeit überwinden und weg von einer reinen Abwehrhaltung selbstbewusst auf regionaler wie überregionaler Ebene ein nicht vernachlässigbarer Problemfaktor für die herrschende Politik werden.

Die Notwendigkeit linker Zentren (nicht nur) für die antifaschistische Bewegung

Um diese Entwicklung voran zu treiben sind die Zentren und Freiräume der linken Bewegung ein nicht zu unterschätzender Faktor in den Bereichen Struktur, Identifikation und Mobilisierung. Während in großen Städten mit mehreren Zentren die bestehende Struktur zum selbstverständlichen Repertoire der linken Bewegung gehört sieht man gerade in strukturschwachen und ländlichen Regionen ihre Wichtigkeit. Häufig haben junge linke Gruppen Probleme, geeignete Räumlichkeiten für ihre Veranstaltungen zu finden. Nicht selten wurden AntifaschistInnen aus Jugendzentren herausgeekelt, weil sie zu staatskritisch waren. Auch dienen eigene Räumlichkeiten oftmals als Schutz- und Rückzugsort vor Nazigewalt. In den deutschen Regionen, in denen die Neonaziszene am stärksten ist, finden sich meistens keine linken Zentren.
Neben der Struktur bietet ein Zentrum der linken Bewegung die Möglichkeit der gemeinsamen Identifikation nach Innen und Außen. So können sich Gruppen vernetzen, kommunizieren und sich gegenseitig unterstützen. Das Zusammenspiel von Politik und Kultur bietet auch eine Schnittstelle zu anderen gesellschaftlichen, politischen und (Sub-) kulturellen Spektren und fördert neben einer attraktiven Außenwirkung auch das eigene Mobilisierungspotential.
Zusammenfassend lässt sich der Aufruf an die gesamte linke Bewegung formulieren, das Thema der linken Zentren und Freiräume stärker zu unterstützen und in ihre politische Arbeit zu integrieren. Die Stärkung der linken Politik kann nur über ein solidarisches Miteinander und eine selbstbewusste Politik mit starken Zentren und Bewegungen im Rücken erfolgreich sein.

Solidarität mit den geräumten und bedrohten Projekten
Kapitalismus und autoritäre Formierung angreifen
Linke Politik verteidigen, linke Zentren schaffen und ausbauen

Demo am 20. Mai in Stuttgart

Sonderseite zur Demo http://freiraumdemo.fasthoster.de

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