Nie wieder Volksgemeinschaft! Gegen das Nazizentrum in Rosenberg!

Das Antifaschistische Aktionsbündnis Baden-Württemberg organisiert eine landesweite Bündnisdemonstration und Kundgebung am 9. April 2005 in Rosenberg/ Gemeinde Hohenberg bei Schwäbisch Hall. Verhindern wir das geplante Nazizentrum der BDVG!

2005 jährt sich zum 60. Mal die Zerschlagung der Nazidiktatur. Der Vernichtungskrieg, den die Nazis für ein „Großdeutschland“ und die „Volksgemeinschaft“ begonnen hatten, und die Shoah waren die schlimmste Katastrophe der Menschheitsgeschichte. Die Erinnerung an die Verantwortung nahezu aller Deutschen für die Nazibarbarei muss dabei explizit hervorgehoben werden. Millionen haben aus nationalistischer Überzeugung, getrieben von Rassenwahn, Antisemitismus, Antikommunismus, gemischt mit blindem Führerglauben, das Naziregime jahrelang unterstützt und getragen. Aktive Unterstützung auf der einen sowie Untertanengesinnung und die Illusion, sich individuell „durchwursteln“ zu können, auf der anderen Seite, haben die Machtübernahme der FaschistInnen, ihr grausames Terrorregime und ihren barbarischen Raubkrieg ermöglicht. Diese Kriegs- und Eroberungspolitik war von den Nazigrößen zusammen mit den Führungshierarchien der großen Konzerne und Banken, von GroßagrarierInnen, Militärs und hoher Staatsbürokratie betrieben worden. Unter der großen Klammer der „Volksgemeinschaft“ verstand es die Naziideologie, eine rassistisch und nationalistisch begründete „Schicksalsgemeinschaft“ aus ArbeiterInnen, Angestellten, BäuerInnen, HandwerkerInnen einerseits und Großkapital und GroßbürgerInnentum andererseits zu schaffen. Das Konzept der „Volksgemeinschaft“ ist und bleibt Kernpunkt der Ideologie und Propaganda von alten und neuen Nazis.

 

Büffeln für die „Volksgemeinschaft“

Die NPD hat es ebenso wie die BDVG (Bewegung deutsche Volksgemeinschaft) und andere Neonaziorganisation erkannt. Der ausgerufene „Kampf um die Köpfe“ kann ohne erhöhten Schulungsaufwand nicht geführt, schon gar nicht gewonnen werden. Die wesentlichen ideologischen Impulse in der Schulungsarbeit für die extreme Rechte stammen heute aus den strömungsübergreifenden „Think Tanks“, z.B. dem „Deutschen Kolleg“ (DK). Das DK versteht sich als „Studien- und Kampfgemeinschaft“, deren Mitglieder dem deutschen Reich die Treue schwören und dessen Freiheit mit „Gut und Blut“ schützen müssen. Hierfür präsentiert das DK einen „Aufstandsplan für das deutsche Volk“, der einen Reichsverfassungsentwurf beinhaltet: „Es herrscht nicht absolute Religionsfreiheit, sondern nur die Freiheit des Glaubens an das Reich“.

 

Vom Gasthaus „Goldenes Kreuz“ zur Schulungsstätte unterm Hakenkreuz?

Andreas Thierry ist der offizielle Käufer des alten Landgasthofes „Goldenes Kreuz“ in Hohenberg/Gemeinde Rosenberg. Thierry ist in Österreich vorbestraft, weil er mit seinen Aktivitäten gegen das NS-Verbotsgesetz verstoßen hat. Thierry zählt zu den Holocaust-Leugnern und ist Antisemit. 1993 wurde er nach den Recherchen der österreichischen Zeitschrift ZOOM beim „Ulrichsbergtreffen“ (jährliches Treffen alter und neuer Nazis in Kärnten) zusammen mit dem Deutschen Peter Naumann gesichtet, der für eine Reihe von rechtsterroristischen Anschlägen verantwortlich war. Seit Mai 1999 leitet Thierry das „Amt für weltanschauliche Schulungen“ der NPD. Er ist oft Gastreferent bei BDVG-Veranstaltungen, so am 21. Juni 2003 bei einer gemeinsamen „Sommersonnwendfeier nationaler Kräfte in Baden-Württemberg“. Am 27.11.2004 traten Lars Käppler (BDVG) und Thierry in Brandenburg bei einer Veranstaltung der „Plattform neue Ordnung“ (PNO) auf, die sich am 30.5.2004 in Stuttgart gegründet hatte. Thierry, so wird vermutet, ist der „Strohmann“, der für die BDVG oder die PNO den alten Landgasthof „Goldenes Kreuz“ erworben hat. Zuvor war es zwei bekannten BDVG-Nazis aus Ellwangen nicht gelungen, über einen Bankkredit das nötige Geld zum Erwerb der Immobilie aufzutreiben. Die beiden Neonazis renovieren zwischenzeitlich aber den Wohnbereich der ehemaligen Gaststätte. Letztendlich ist es jedoch unwesentlich, welche dieser Organisationen hinter dem Erwerb des Gasthofes steht. Die Nutzung als Schulungsstätte und „Kaderschmiede“ dürfte klar sein. Das große Gebäude liegt nicht weit von der Route des „Hessentaler Todesmarsches“ entfernt, der am 6. April 1945 die geschundenen jüdischen KZ-Häftlinge hier vorbei führte.

 

Rosenberg, 6. April 1945

Frau Ziegler/Prozessbericht:
Sie (Frau Ziegler) fand am Morgen dieses Tages 100-200 kahlgeschorene und ausgemergelte KZ-Häftlinge in ihrer Scheune. Total ausgehungert aßen sie selbst verschimmeltes Schweinefutter und gebeizten Saatweizen, den sie in der Scheune vorfanden. Nach dem Aufbruch des Zuges blieb ein 15jähriger Häftling in der Scheune zurück. „Die beiden sofort verständigten SS-Leute (einer Rosenberger Einheit) meldeten es ihrem ‚Spieß‘. Das zurückgebliebene Wesen, kaum noch ein Mensch, wurde verhaftet und auf die Wache gebracht, wo mit Prügeln nicht gespart wurde.“ Der Junge wurde die ganze Nacht über im SS-Quartier misshandelt. „Der Kompaniechef war gerade beim Abendessen, kam dann auf die Wache und entschied, dass der Häftling dem Transport nachgebracht werden sollte, da der Transportführer für ihn verantwortlich sei. Dieser hatte jedoch schon früher gesagt, wenn einer seiner Häftlinge liegen bleiben sollte, solle man ihn erschießen! Da er nur ein ‚Jude‘ war, hatte man keine große Lust, sich mit ihm lange herumzuquälen und man erschoss ihn am Weißen Sonntag des Jahres 1945, verscharrte ihn in einem Deckungsloch und brüstete sich noch damit.“

 

Braune Schulungsstätte in Rosenberg?

Schon bei der Abspaltung der späteren BDVG-Aktivisten von der JN (Junge Nationaldemokraten) im Jahr 1999 war die strategische Ausrichtung der „Abweichler“ klar. Die Schaffung „parteiunabhängiger Kaderorganisationen“ mit enger Anbindung an das Spektrum der „Freien Kameradschaften“, offen gegenüber allen radikalisierten und militanten Neonazivereinen. Das Problem dabei formuliert die BDVG auf ihrer Internetseite in einer Strategiediskussion. „Die erste Grundlage aber einer Führungsstruktur und Hierarchie ist das Programm, der weltanschauliche Unterbau… Jede politische Handlung braucht die entsprechende weltanschauliche Grundlage… …Die Stärke einer Organisation (liegt)… niemals in einer möglichst großen geistigen Selbstständigkeit der Einzelindividuen… sondern vielmehr im disziplinierten Gehorsam mit dem die Einzelindividuen der geistigen Führung Gefolgschaft leisten“. In Ellwangen, wenige Kilometer von Hohenberg entfernt, hat der Verlag „Volk in Bewegung“ seine Postfachadresse, im nahegelegenen Aalen soll die Nazipostille verlegt werden. Die „strömungsübergreifende“ Funktion dieses rassistischen Hetzblattes, das von der BDVG herausgegeben wird, ist selbstredend: „…erstklassige Berichterstattung zur richtigen politischen Positionierung weltanschaulicher, nationaler Kräfte.“

 

Nachfolgend einige Auszüge aus „Volk in Bewegung“ (Internetseite BDVG):

„Die germanische Gutmütigkeit und Harmlosigkeit wird seit einem halben Jahrhundert in einer derart schmählichen Weise missbraucht, dass die Freiheit und selbst die biologische Existenz unserer Völker auf dem Spiel steht“

„Man kann es nicht oft und deutlich genug sagen: Die heuchlerischen, von Freimaurern und Jakobinern erfundenen Menschenrechte sind die Hauptwaffe bei der Zerstörung unserer Völker“

„Während die Vermischung der verwandten europäischen Rassen keine großen Nachteile und sicher manchmal Vorteile bringt, wenn auch der jeweilige Rassenkern der einzelnen Völker nicht geschwächt werden sollte, ist eine Kreuzung mit farbigen Rassen, die schon zahlenmäßig immer stärker ins Gewicht fallen abzulehnen, da eine solche Vermengung das rasche Ende unseres Erdteils in gekannter biologischer und geistiger Hinsicht einläuten würde“

„Deswegen muss ein Volksstaat der Zukunft als einen seiner obersten Grundsätze beachten: Nicht „allen das Gleiche“, sondern „jedem das Seine“. Den Amerikanern lassen wir den Kaugummi, den Schwarzen die Negertrommeln, den Arabern den Harem und den Juden das Zinssystem. Für uns aber beanspruchen wir den deutschen Wald, die deutsche Kunst und das deutsche Recht. Vor allem: das deutsche Blut und die deutsche Sprache. Dann fühlen wir uns frei!“

 

Nazitreff und Kaderschmiede verhindern

Soll das „Goldene Kreuz“ zu einer braunen Kaderschmiede werden? „Wir wissen noch nicht, was der neue Eigentümer vorhat“ berichtet der Bürgermeister von Rosenberg. Da das Gebäude mit hoher Wahrscheinlichkeit baulich verändert werden soll, werde es auch Kontakte zu seinem Besitzer geben. „Und da werde ich ihm unmissverständlich zu Verstehen geben, dass Leute mit seiner Gesinnung in unserer Gemeinde unerwünscht sind. Wir werden diese Sache ganz sicher nicht totschweigen“ fährt der Rosenberger Bürgermeister fort. Nur durch eine umfassende und ständige Öffentlichkeitsarbeit kann ein geplantes Nazizentrum verhindert werden. Nehmen wir den Bürgermeister beim Wort! Beobachten und handeln wir!

 

Landesweite Bündnisdemonstration und Kundgebung am 9. April 2005 in Rosenberg/Hohenberg

  • „Nie wieder Volksgemeinschaft“
  • Auftakt in Rosenberg um 13 Uhr
  • RednerInnen u.a. Peter Gingold (Widerstandskämpfer), Anne Rieger (VVN/BDA), Antifaschistisches Aktionsbündnis Baden-Württemberg
  • Beiträge zum Hessenthaler Todesmarsch, CHAOZE ONE (antifascist Hip Hop), Schallmaienkapelle Schwäbisch Hall uvm.
  • Demo zum Nazitreff „Goldenes Kreuz“
  • Schlusskundgebung in Hohenberg um 15:30 Uhr
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